Wie du endlich deinen inneren Kritiker entlarvst
„Das geht noch besser! Du kannst das nicht! Du bist nicht gut genug! Das wird doch nie etwas! Das machst du falsch! Andere können das besser als du!“ – Kommen dir diese Sätze bekannt vor? Kennst du diese Stimme in deinem Kopf, die an den Dingen, die du tust, etwas zu bemängeln und kritisieren hat? Was auch immer du tust, du kannst es ihr nicht recht machen und sie ist selten zufrieden. Sie findet so oft an dem, was du tust, etwas auszusetzen.
Diese kritischen oder perfektionistischen Gedanken werden in der Psychologie als dein innerer Kritiker bezeichnet. Einerseits ist eine konstruktive Selbstkritik für die Reflexion und das persönliche Wachstum unverzichtbar. Die Stimme im Kopf weist uns darauf hin, wie wir uns als Einzelne und als Kollektiv besser verhalten können. Andererseits kann es auch problematisch werden, wenn sich die Kritik nicht mehr nur auf ein spezifisches Verhalten in bestimmten Situationen bezieht, sondern auf uns als Person. Dieser Blogpost ist bestrebt dir zu helfen, die Wurzeln selbstkritischer Denkmuster wahrzunehmen und zu durchbrechen. Zudem erhältst du wertvolle Tipps, wie du die Kontrolle über die Stimme deines inneren Kritikers gewinnst und sie leiser werden lässt.
Wie entsteht der innere Kritiker und was löst er in uns aus?
Verwurzelt ist dein innerer Kritiker in der Kindheit. Unsere Eltern sind in dieser Phase nicht nur unsere primären Bezugspersonen, sondern auch unser moralischer Kompass. Sie leben uns vor, welche Verhaltensweisen erlaubt und verboten sind und weisen uns dementsprechend zurecht. In den ersten Lebensjahren sind wir dabei besonders anfällig für Kritik, weswegen wir anstreben, diese abzuwenden. Aufgrund dessen werden die Bewertungen und Erwartungen von unserem sozialen Umfeld internalisiert: Um von Erwachsenen nicht ermahnt zu werden, entwickeln Kinder eine innere Stimme, die ihnen sagt, was gut oder schlecht ist. Somit haben diese Gedanken in der Kindheit die positive Absicht, vor externer Kritik zu schützen und positive Verhaltensweisen zu erlernen.
Basierend auf diesen Erfahrungen wird eine Vorstellung konstruiert, wie wir sein und uns verhalten sollten, um geliebt zu werden. Eine weitere Gefahr, die damit einhergeht, besteht in der Ausprägung einer festen Überzeugung, nicht gut genug zu sein. Mit den Jahren wird der innere Kritiker größer und weitet sich auf andere Lebensbereiche aus. Wir wollen es allen recht machen: Freund*innen, Bekannten, Kolleg*innen oder Vorgesetzen. Anstatt uns auf die positiven Aspekte aufmerksam zu machen, weist uns die Stimme ständig daraufhin, noch bessere Leistungen zu erzielen, um der Illusion, dadurch akzeptiert und gemocht zu werden, ein Stückchen näher zu kommen. Diese Unzulänglichkeitsgefühle und fortwährenden Vergleiche nach oben können schließlich unser Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Wir verlieren das Vertrauen in uns und unsere Fähigkeiten und schreiben uns selbst folglich Gefühle der Wertlosigkeit und Minderwertigkeit zu. Wissenschaftliche Studien erforschten das Phänomen des inneren Kritikers näher und konnten dabei einen Zusammenhang zwischen erhöhter Selbstkritik und Depressionen belegen. Aufgrund dessen ist es von großer Bedeutung, negative Gedankenmuster zu erkennen und die Kontrolle über diese zu erlangen.
Wie gehe ich mit meinem inneren Kritiker um?
Wenn du deinen inneren Kritiker in Angriff nehmen willst, ist zu Beginn eine Erkenntnis sehr entscheidend: Unsere Gedanken sind und bleiben nur Gedanken. Sie kommen und gehen und sind damit veränderbar. Der bedeutsame Schritt bei dem Prozess, das Selbstwertgefühl zu stärken und an Selbstakzeptanz zu gewinnen, besteht in einer bewussten, umfassenden Dokumentation der in uns wirkenden schädigenden Botschaften.
Der erste Schritt dieses Lernprozesses ist es, pessimistische und beurteilende Denkmuster zu erkennen. Gibt es bestimmte negative Schlüsselsätze, die sich in deinem Kopf ständig wiederholen? Nimm dir einen Moment Zeit, um nach innen zu hören und deine selbstkritischen Gedanken wahrzunehmen, ohne diese zu bewerten oder dich dafür zu verurteilen. Versuche, dir bewusst zu machen, welche Gefühle diese Stimme in dir auslöst und in welchen Situationen sie typischerweise erscheint. Welche Äußerungen treten immer wieder auf? Lassen sich diese Sorgen möglicherweise mit bestimmten Personen in Zusammenhang bringen? Reflektiere, ob die Gedanken der Wahrheit entsprechen und überlege, ob du in Zukunft etwas verändern möchtest. Wenn du dich in der Beobachterrolle befindest, gewinnst du gleichzeitig Abstand von deinen Gedanken. Diese Übung ermöglicht es dir, aufkommende Bedenken wahrzunehmen und diese ohne Bewertungen wieder ziehen zu lassen. Hier können Achtsamkeitsübungen und eine regelmäßige Meditationspraxis wirkungsvolle Strategien darstellen, um eine entspannte und ruhige Haltung einzunehmen und im Hier und Jetzt zu leben. Der Achtsamkeitsexperte Danny Penman hat in diesem Zusammenhang sehr treffend erläutert: „Wer sich in Achtsamkeit übt, der lernt, dass die eigene innere Stimme nicht immer recht hat. Gedanken sind keine Fakten, auch wenn sie das von sich zu behaupten“.
Hast du deinen inneren Kritiker enttarnt, kannst du diesen auf Papier bringen. Nimm dir bewusst Zeit und schreibe jene negativen, beurteilenden Gedanken auf, die dir regelmäßig durch den Kopf schwirren. Mache dir bewusst, in welchen Situationen die Stimme in deinem Kopf übertreibt und versuche, die Aussagen zu relativieren. Wenn nun „Ich kann das nicht“ auf deinem Notizzettel steht, ändere diesen Satz in „Ich denke gerade, dass ich das nicht kann, aber ich werde mein Bestes geben“. Da sich diese Formulierung nun nicht mehr final oder absolut anhört, kannst du dir die Frage stellen, ob du diesen Negativannahmen zustimmst oder nicht. Im nächsten Schritt kannst du versuchen, gegen den Kritiker zu argumentieren. Lautet dein negativer Gedanke beispielsweise „Ich schaffe nie etwas“, dann liste Situationen und Erfolge auf, die das Gegenteil beweisen. Spricht etwas dagegen, dein Ziel zu erreichen? Warum solltest du es nicht erreichen? Indem du reflektierst und die Negativannahmen hinterfragst, nimmst du der Stimme die Macht.
Weiters kannst du versuchen, einen inneren Unterstützer aufzubauen: eine ermutigende Stimme in dir, die dir Kraft gibt und dich deiner Stärken bewusstwerden lässt. Überlege dir, welche Fähigkeiten und Kompetenzen du an dir besonders schätzt (z. B. „Ich bin dankbar für meinen Optimismus“). Schreibe diese oder einfache motivierende Sätze (z. B. „Ich schaffe das“ oder „Ich glaube an mich“) wieder auf einen Notizzettel und klebe ihn an deinen Badezimmerspiegel oder an deinen Frühstückstisch – an einen Platz, wo du ihn oft lesen wirst. Wenn du nun täglich auf diese Affirmationen aufmerksam gemacht wirst, werden sich diese bejahenden Sätze in dein Gehirn einprägen und deine kritischen Gedanken langsam, aber sicher übertönen.
Das Ziel ist es somit, deinen inneren Kritiker zu hinterfragen, um ihn leiser werden zu lassen. Je öfter du dir deine positiven Eigenschaften, Fähigkeiten und Erfolge vor Augen führst, desto leichter wird es dir fallen, auf deine neue unterstützende Stimme zu hören und sie zu verinnerlichen. Mit der Zeit wird dein Selbstwertgefühl wachsen und du wirst Vertrauen haben, dass du die Dinge doch erreichen kannst, die dir deine kritische Seite versucht hat auszureden.