4 Wege wie du der Angst, etwas zu verpassen, entkommst
Wie fühlst du dich, wenn sich deine Freund*innen treffen und Spaß haben, aber du selbst nicht dabei sein kannst? Hast du Angst, dass die Erfahrungen deiner Mitmenschen besser sind als deine eigenen? Möchtest du deine Erlebnisse und Unternehmungen immerzu auf Social-Media-Plattformen mit denen Followern teilen? Wie viel Zeit verbringst du auf Instagram, Snapchat, Facebook und Co? Hast du den Drang, zu deinem Smartphone zu greifen und zu schauen, was deine Freund*innen machen, wenn du gerade arbeiten solltest? Fürchtest du, die beliebtesten Partys, lustigsten Aktionen und besten Erfahrungen zu verpassen?
Wir sind soziale Wesen, weswegen das Gefühl zu fehlen und nicht dabei zu sein für uns extrem unangenehm sein kann. Dieses soziale Phänomen ist auch als Fear of Missing Out bekannt. Demnach haben wir Angst, falsche Entscheidungen hinsichtlich unserer Zeitgestaltung zu treffen und dadurch bedeutsame soziale Interaktionen zu verpassen. Andere könnten ja ein viel besseres und erfüllteres Leben führen. Dieses Gefühl hat sich in den letzten Jahren vor allem durch den Einfluss der digitalen Medien verstärkt und kann zu einer nicht zu unterschätzenden psychischen Belastung werden. In diesem Post erklären wir dir, wie FOMO entsteht, welche Auswirkungen es haben kann und wie du die Angst mit konkreten Maßnahmen überwinden kannst.
Woher kommt unsere “Fear of Missing Out”?
Bedürfnis nach Zugehörigkeit
Wir haben ein urmenschliches Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit. Menschen haben sich schon seit jeher in Gruppen zusammengeschlossen, u.a. auch um ihr Überleben zu sichern. Aus evolutionärer Sicht sind wir gemeinsam stärker als wenn wir alleine unterwegs sind. Früher hatte dies insofern eine hohe Bedeutung, da ein Ausschluss aus der Gruppe meist einem Todesurteil entsprach. Alleine konnte man sich kaum vor Feinden oder Raubtieren verteidigen. Unsere Vorfahren haben uns dieses genetisch verankerte Bedürfnis zum Gruppenzusammenschluss weitervererbt. Auch wenn das Bedürfnis nach Zugehörigkeit für uns heutzutage nicht mehr denselben hohen Stellenwert wie damals hat, so beeinflusst es unbewusst noch immer fundamental unser Erleben und Verhalten.
Wie Social Media unser Leben beeinflusst
Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und die daraus resultierende Angst, etwas zu verpassen sind soziale Phänomene unserer Gesellschaft, die eng mit der Digitalisierung unseres Alltags verknüpft sind. Über soziale Netzwerke sind wir mit der ganzen Welt vernetzt. Zu jedem Zeitpunkt und egal, wo wir uns gerade befinden, sind wir potentiell erreichbar. Dank Facebook, Instagram und Co können wir jederzeit Einsicht in das Leben von unseren Mitmenschen nehmen – frisches Familienglück, Weltreisen, erfolgreiche Start-Ups, eine Beförderung oder ein erfolgreicher Abschluss, außergewöhnliche Partys. Das digitale Schaufenster verführt zum permanenten Vergleich mit unseren Mitmenschen. Wie könnten wir da nicht neidisch werden und unser eigenes Leben plötzlich langweilig finden? Zahlreiche Studien bestätigen einen starken Zusammenhang zwischen der Nutzung von Social Media und dem Empfinden sozialer Isolation. Anstatt uns verbundener zu fühlen, verspüren wir Gefühle der Distanzierung und Einsamkeit, wenn unsere Freund*innen auf einer coolen Party sind und wir stattdessen nur alleine zuhause sitzen. Letztendlich reduziert die Mediennutzung FOMO nicht, sondern führt zu einem gefährlichen Teufelskreis.
Überforderung mit einer endlosen Auswahl an Möglichkeiten
Die Fear of Missing Out kann durch eine endlose Bandbreite an verschiedenen Auswahlmöglichkeiten begünstigt werden. Heutzutage stehen wir einer enormen Anzahl an Möglichkeiten und Alternativen gegenüber. Das Angebot in jeglichen Lebensbereichen ist gewaltig. Wie sollen wir uns da entscheiden, wie wir unser Leben gestalten sollen? Wäre es nicht doch besser gewesen, wenn wir diesen Job nicht angenommen hätten und uns stattdessen auf unsere wirkliche Leidenschaft konzentriert hätten? Oder was wäre gewesen, wenn wir zum Studieren doch ins Ausland gegangen wären? Hätten wir heute doch lieber ausgehen sollen? Vielleicht hätten wir ja jemand Besonderen kennengelernt.
Rund um die Uhr werden wir dazu gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die mal mehr, mal weniger unser Leben in eine bestimmte Richtung lenken. Dabei werden viele von uns das Gefühl kennen, sich nicht wirklich entscheiden zu können. Diesem Empfinden liegt die Befürchtung zugrunde, nicht die für uns beste Entscheidung zu treffen. Haben wir die Freiheit zwischen mehreren Optionen wählen zu können, macht uns dies vorerst zufrieden. Allerdings überfordern uns zu viele Optionen maßlos – wir fühlen uns unsicher und unzufrieden.
Wie du der Angst, etwas zu verpassen, entkommst
Neben den zahlreichen Stunden, die wir damit verbringen durch unseren Instagram-Feed zu scrollen, kann die Fear of Missing Out auch konkrete psychische Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Aufgrund der ständigen Reizüberflutung, die von Facebook, Instagram und Co ausgeht, fällt es uns schwieriger, uns zu konzentrieren und unsere Aufmerksamkeit zu fokussieren. Durch innere Unruhe können auch Schlafprobleme verursacht werden sowie psychosomatische Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schweißausbrüche auftreten. Unzulänglichkeitsgefühle können sowohl zu depressiven Verstimmungen als auch zu Stresssymptomen führen. Nicht in jedem Fall wird es soweit kommen, doch um das Risiko zu minimieren, kannst du folgende Tipps ausprobieren, die dir dabei helfen sollen, deine Angstgefühle zu überwinden.
Digital Detox
Um dem Phänomen entgegenzuwirken, musst du zunächst erkennen, dass Social Media problematisch genutzt wird. FOMO ist einer der zentralen Gründe, warum Menschen übermäßig viel Zeit in sozialen Netzwerken verbringen. Du kannst deine Mediennutzung reflektieren, indem du dich fragst, ob das soeben Gelesene wichtige Nachrichten waren oder nur eine sinnlose Ablenkung. Meist wirst du zu diesem Augenblick zu der Erkenntnis gelangen, dass du Social Media-Plattformen lediglich zum Zeitvertreib oder zur Unterhaltung öffnest und es meist keinen Mehrwert aufweist oder dich erfüllt. Deshalb wird es oftmals sinnvoll sein, die Nutzung technischer Geräte so gut es geht zu reduzieren.
Versuch also vielleicht einmal nicht sofort nach dem Aufwachen zum Handy zu greifen, sondern trinke in Ruhe genüsslich deinen Kaffee oder Tee und lausche dem Gezwitscher der Vögel in deinem Garten. Du könntest auch deine Benachrichtigungen auf deinem Handy stumm schalten. Oder wie wär‘s mit einem Wochenende offline? Eine regelmäßige Auszeit von Smartphone und Internet und ein reduzierter Konsum der sozialen Medien wird sich positiv auf dein Wohlbefinden auswirken.
Prioritäten
Auf Instagram, Facebook und Co werden wir permanent mit der Vorstellung bombardiert, wie ein perfektes Leben auszusehen hat: zahlreiche Erfahrungen im Ausland, ständig unterwegs, immer unter Freund*innen, ganz hoch oben auf der Karriereleiter und ein glückliches Familienleben. Doch entspricht das auch deiner Ansicht davon, was du als erstrebenswert erachtest? Oft sind dies Illusionen, die de facto nicht mit unseren persönlichen Werten übereinstimmen. Vielleicht bereitet es dir viel mehr Freude, deine Eigentumswohnung heimlich und gemütlich einzurichten, anstatt die Welt zu bereisen. Vielleicht verbringst du deinen Abend lieber zuhause vor dem Fernseher, anstatt dich in die nächste Party zu schmeißen. Vielleicht auch nicht. Aber: Das ist alles in Ordnung!
So unterschiedlich wir in unseren Interessen sind, so haben wir auch individuelle Prioritäten und erachten andere Dinge als wichtig an. Wie oft nimmst du dir kleine Auszeiten, um über dein Leben nachzudenken und dir bewusst zu werden, welche Faktoren dir wichtig sind? Hinterfrage, ob bestimmte Verpflichtungen und Aktivitäten noch zu dir passen und widme dich stattdessen lieber jenen Menschen und Erlebnissen, die dir etwas bedeuten und dich glücklich machen!
Freundschaften
Wann hast du dir das letzte Mal Zeit genommen, um dich mit deiner besten Freundin zu treffen? Im hektischen Alltag priorisieren wir häufig unseren Beruf vor sozialen Kontakten. Genau dabei vergessen wir häufig, wie wichtig es ist, gute, vertraute Freundschaften zu pflegen. Nur wenn wir das Gefühl haben, in einem sozialen Netzwerk tatsächlich eingebettet zu sein, fühlen wir uns rundum wohl.
Verabrede dich doch einmal wieder mit deinen Freund*innen anstatt mithilfe der Stories auf Instagram deren Alltag mit zu verfolgen oder auf Snapchat tägliche Updates zu schicken. Durch ein stundenlanges Scrollen durch den Feed werden wir uns mit unseren Mitmenschen bestimmt nicht so verbunden fühlen wie durch ein inniges, persönliches Gespräch. Dich mit Menschen zu umgeben, die deine Stärken sehen und schätzen und dich darin bestärken, deine Träume anzugehen, ist ein Akt der Selbstliebe. Das war jetzt deine Erinnerung: Ruf deine*n beste*n Freund*in an und verabrede dich mit ihr. Freundschaften sind noch immer einer der besten Schutzfaktoren gegen psychologische Belastungen!
Achtsamkeit
Durch das Phänomen Fear of Missing Out vergleichen wir unsere Situation und unser Leben mit jenen anderer. So wie es gerade ist, ist es nicht gut, anders wäre es besser. Die Angst, unsere Mitmenschen könnten ein erfüllteres Leben führen, ist somit immer geknüpft an die Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Moment. Wir sind mit der Gegenwart nicht einverstanden, sondern verweilen mit unseren Gedanken entweder in der Vergangenheit („Hätte ich mich doch bloß anders entschieden“) oder in der Zukunft („So ein tolles Leben werde ich nie führen“).
Auch wir merken immer wieder, dass wir nicht wirklich präsent sind: „Wäre ich bloß gerade am erfrischenden See mit meinen Freund*innen, anstatt auf dem Balkon zu sitzen und diesen Post zu schreiben, dann wäre ich bestimmt glücklicher und mein Leben wäre erfüllter. Sie haben bestimmt alle gerade Spaß ohne mich. Was, wenn ich etwas verpasse?“ – Durch solche angsterfüllten Gedanken verlernen wir, das Hier und Jetzt zu genießen und achtsam im Moment zu leben. Wir bemerken gar nicht, wie schön der jetzige Augenblick dennoch ist und, dass die Melodie der Vögel einen wunderschönen Klang hat oder uns die Nachbarin fröhlich zulächelt.
Was machst du gerade? Wie fühlst du dich? Lege dein Handy weg, schau dich in deiner Umgebung um und nimm die vielen kleinen, schönen Dinge um dich herum wahr. Du wirst bemerken, da gibt es ganz viele davon.
Joy of Missing Out
Das Gegenteil von FOMO nennt sich übrigens JOMO: Die Joy of Missing Out beschreibt die Freude, etwas zu verpassen sowie das Bewusstsein, nicht alles mitmachen zu müssen. Immer mehr Menschen stellen sich aktiv der durch Social Media geschürten Fear of Missing Out entgegen. Auf der bequemen Couch im Pyjama die Lieblingsserie schauen statt in High Heels von einer Party zur nächsten zu jagen – und das ganz ohne schlechtes Gewissen.
Neue Dinge zu erleben kann zweifellos aufregend sein, aber wir müssen uns nicht jeden Abend in das nächste Abenteuer stürzen. Wir müssen uns auch nicht von den digitalen Eindrücken vom vermeintlich perfekten Leben stressen lassen. Wir können uns auch dem gesellschaftlichen Druck stellen, jederzeit das Beste aus unserer Zeit herausholen zu müssen, indem wir auch einmal Nein zu Einladungen sagen. Einen Gang runterzuschalten und auf unsere eigenen Bedürfnisse zu hören ist Balsam für unsere Seele. So wichtig es auch für unsere psychische Gesundheit ist, etwas mit Freund*innen und Familie zu unternehmen, so wichtig ist es also auch, sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen.