Female Leadership: Handlungsbedarf auf ganzer Linie
Der Anteil weiblicher Führungskräfte im weltweiten Durchschnitt liegt bei 22%. Obwohl Frauen bei den Hochschulabschlüssen bereits vorne liegen, reicht formale Qualifikation offenbar nicht, um für Chancengleichheit an der Führungsspitze zu sorgen.
Etwa die Hälfte der arbeitenden österreichischen Bevölkerung ist weiblich. Je höher die Karriereleiter allerdings steigt, umso geringer wird der Frauenanteil. In den 200 umsatzstärksten Unternehmen in Österreich sind nur 23% der Aufsichtsrät*innen Frauen. Der Anteil von Frauen in der Geschäftsführung beträgt gegenwärtig lediglich 8%. Zu viele Organisationen setzen nach wie vor auf männliche Führungsteams mit gleichem Alter, gleicher Herkunft und gleicher Ausbildung. Homogene Gremien können die weitreichenden Bedürfnisse der Gesellschaft jedoch nicht adäquat abbilden. Diverse Teams und mehr Frauen an den Führungsspitzen hingegen sorgen nachweislich für mehr Erfolg und Innovationskraft.
Struktureller Machtausschluss, fremde und eigene Geschlechterrollenerwartungen und eine durch Sprache zementierte Ungleichheit haben dazu geführt, dass wir Frauen nicht an die Spitze kommen und Mädchen sich Führung per se nicht einmal zutrauen. Wir müssen Geschlechterverhältnisse und Rollenzuschreibungen neu verhandeln. Wir müssen für Chancengerechtigkeit und Selbstermächtigung einstehen. Bist du bereit dafür?
Das Gleichstellungsgesetz in Österreich
Seit 1. Jänner 2018 besteht in Österreich das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat, das eine Zielvorgabe von 30% für Frauen oder Männer in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen sowie Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten festlegt. Aufgrund dieser gesetzlichen Verpflichtung hat sich der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien erhöht, während die Unternehmensführung nach wie vor den Männern innewohnt.
Die Politik hat mit dieser Quote einen ersten Schritt in Richtung Chancengleichheit unternommen: Der Frauenanteil in den quotengebundenen Unternehmen hat sich seit Einführung der Quote signifikant von 22% auf 32% gesteigert. Doch die Realität bei nicht-quotepflichtigen Unternehmen sieht im Moment noch anders aus: Der Anteil weiblicher Aufsichtsratmitglieder liegt hier noch immer bei knappen 15%.
Dass außerdem selbst ein Anteil von 30% nicht repräsentativ für eine Gesellschaft sind, in der mehr als 50% weiblich sind, liegt auf der Hand. Welche Vorteile können daraus dennoch gezogen werden? In allgemeinen Quoten werden 30% gefordert, da davon ausgegangen wird, dass drei oder mehr Frauen eine Zehnergruppe bereits von Grund auf verändern. Daraus wird bereits sichtbar, dass Frauen und Männer diverse Meinungen vertreten. Die Quotenregelung soll dazu beitragen, strukturelle Mechanismen sowie Geschlechterdiskriminierung zu überwinden, um sich danach selbst überflüssig zu machen – ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Wie kommt es zu so einer Ungleichheit?
Frauen sind so gut ausgebildet wie nie zuvor, dennoch sind sie in Führungspositionen stark unterrepräsentiert. Im Jahr 2018 waren 54% der Personen mit einem Bildungsabschluss im Tertiärbereich Frauen. Die Voraussetzungen zum Karrierestart sind für Frauen also theoretisch genauso gut wie für Männer. Trotzdem schaffen sie es nicht zu gleichen Teilen an die Spitze. Wie kommt diese Diskrepanz in den Führungspositionen zustande?
Die äußeren Barrieren in der beruflichen Entwicklung von Frauen sind weitgehend bekannt. Dazu zählen etwa steuerliche Rahmenbedingungen oder Diskriminierung. Außerdem dürfte Teilzeitarbeit ein weiteres Karrierehemmnis für Frauen sein. Führungspositionen in Österreich sind demnach sehr stark mit Vollzeitstellen und Präsenzkultur konnotiert. Vor dem Hintergrund, dass Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit leisten, führen die gängigen auf klassische Geschlechterrollen ausgerichteten Karrierepfade und Arbeitspraktiken zur weiterhin bestehenden Unterrepräsentanz von Frauen in den obersten Leitungsgremien.
Geschlechterstereotype als Einflussfaktor
Die beruflichen Karrierechancen von Frauen werden jedoch nicht nur durch äußere Faktoren, sondern auch durch psychologische Barrieren beeinträchtigt, wie die Internalisierung von Geschlechterstereotype. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass solche inneren Barrieren nicht unabhängig von äußeren entstehen. Diese können als Reaktion auf äußere Barrieren und gesellschaftliche Erwartungen interpretiert werden und entwickeln sich demnach erst im Verlauf der geschlechtsspezifischen Sozialisation im Elternhaus, in der Schule, in der Universität, im Freund*innenkreis und im Berufsleben.
Wir sind immer Teil eines sozialen Systems und erlernen durch frühe Interaktionen mit Vorbildern ein Verhalten, um unsere Geschlechterrolle auszudrücken. Bereits in unserer Kindheit werden wir für Verhaltensweisen, die unserem Geschlecht angemessen erscheinen, ermutigt. Wir lernen, wie wir uns als Mädchen zu verhalten haben und dass dieses Verhalten von Buben abzuweichen habe. Beispielsweise wird das Konkurrenzdenken bei Buben beim Fußball gefördert, wohingegen Mädchen beim Puppenspiel in Kooperation geschult werden. Biologische Unterschiede werden durch Erziehung, den Austausch in der Peer Group, das Imitieren von Vorbildern sowie durch literarische oder mediale Figuren verstärkt. Schon im Kindesalter kommt es so zu einer Geschlechtertrennung, die dazu führt, dass Männer in Machtpositionen geübt und Frauen von Führungspositionen abgeneigt sind. Geschlechterrollen beeinflussen folglich unser gesamtes Denken und Verhalten, ohne dass uns dies zwingend bewusst ist. Nach diesem Verständnis leitet sich der Habitus als Mann oder Frau nicht aus biologischen Tatsachen ab, sondern ist historisch, kulturell und sozial gewachsen.
Wie können Geschlechtsstereotype nun definiert werden? Geschlechtsstereotype sind normative Erwartungen und Annahmen der Gesellschaft, die am biologischen Geschlecht anknüpfen. Wir bilden in unserem Kopf vereinfachte Bilder über Eigenschaften und Charakteristika, die männlich oder weiblich konnotiert sind. Sie beinhalten damit eine deskriptive (“Welche Eigenschaften hat ein Mann bzw. eine Frau?”) und eine normative Komponente (“Welche Eigenschaften sollte ein Mann bzw. eine Frau haben und auch nicht haben?”). In zahlreichen Studien wurden ebendiese stereotype Charaktereigenschaften untersucht, wobei hier mehrfach eine Geschlechtertrennung bestätigt wurde. Folgende Eigenschaften wurden vorwiegend als maskulin bewertet: abenteuerlustig, aggressiv, dominant, robust, stark, unabhängig, unternehmungslustig oder wettbewerbsorientiert. Der Mann gilt in der Familie als Entscheidungsinstanz, führt Bestrafungen aus und achtet auf die Einhaltung von Disziplin und Kontrolle. Als feminin wurden hingegen Charakteristika wie liebevoll, einfühlsam, gefühlvoll, träumerisch, unterwürfig, freundlich, abhängig, emotional und fürsorglich angesehen. Demnach ist die Frau hauptsächlich für die sozioemotionale Unterstützung zuständig sowie sorgt sie für ein harmonisches Gleichgewicht in der Familie.
Obwohl sich Geschlechterstereotype auch im Laufe der Zeit verändern können, ist die Stabilität dieser Merkmalsbündel über die Zeit und ihre Ähnlichkeit über verschiedene Kulturen hinweg bemerkenswert hoch. Nach wie vor lässt sich das männliche Geschlechterstereotyp als ein Cluster von Kompetenz und Aktivität, das weibliche Geschlechterstereotyp als ein Cluster von Emotionalität und Besorgtsein um andere kennzeichnen. Diese Ausführungen verdeutlichen, dass Stereotype einerseits unsere Welt vereinfachen, da wir dadurch bestimmte Erwartungen an spezifische Situationen haben, was uns Struktur und Sicherheit bietet. Andererseits führen diese Annahmen zu zementierten Rollenmustern und Verhalten, aus denen nur noch schwer auszubrechen ist.
Auswirkungen der Geschlechterstereotype
Diese dichotome Aufteilung der Stereotype hat weitreichende Auswirkungen auf Frauen in ihrem Führungsverhalten, die im Arbeitsalltag oftmals drastisch unterschätzt werden. Deaux und Major postulierten, dass sich Geschlechterstereotype in Prozessen der sozialen Interaktion ständig reproduzieren. Demnach agiere ich – bewusst oder unbewusst – in einer bestimmten Geschlechterrolle und auch die Personen, mit denen ich interagiere, treten mir mit ihren Annahmen über Geschlechterrollen gegenüber. Menschen schließen von beobachteten Rollenverhalten direkt auf Eigenschaften der Rolleninhaber*innen, ohne zu bedenken, dass ihr Verhalten oft auf Rollenerwartungen zurückzuführen ist und nicht auf persönliche Eigenschaften.
Die Macht der selbsterfüllenden Prophezeiungen
Geschlechterstereotype wirken, indem sie zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen werden. Wird von einer Chefin erwartet, dass sie sich für klassisch weiblich konnotierte Themen wie Teambuilding oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzt, ist es auch wahrscheinlicher, dass sie dies tatsächlich tun wird.
Ein weiteres Phänomen: Backlash-Effekt
Durch Geschlechterstereotype, die Männern vorschreiben, durchsetzungsfähig zu sein, während Frauen bescheiden agieren, wird das bestehende System am Leben erhalten: Männer werden für Verhaltensweisen, die ihren Status und ihre Kompetenz unterstreichen, belohnt. Frauen müssen hingegen mit sozialen Sanktionen rechnen, wenn sie sich dominant verhalten und somit stereotype Erwartungen verletzen. Um negative Konsequenzen wie Gruppenausschluss oder üble Nachrede zu vermeiden, bleiben wir Frauen meist rollenkonform, was als „Backlash-Effekt“ beschrieben wird. Demnach wird eine weibliche Führungskraft für dominantes Führungsverhalten bestraft, indem sie weniger gemocht wird. Dies bringt Frauen insofern in ein Dilemma, da Sympathie eine wichtige Rolle spielt, um erst in Führungspositionen zu kommen. Kompetenz alleine reicht nicht aus. Aufgrund dessen kann der Backlash-Effekt für Frauen ernsthafte wirtschaftliche Folgen haben, wie ein niedrigeres Gehalt oder geringere Chancen auf Beförderung.
Das Ansehen von Müttern
Berufstätige Mütter werden oftmals als weniger ambitioniert angesehen und als fixierten sie sich ausschließlich auf ihre Kinder. Dieses Stereotyp der warmherzigen, aber beruflich inkompetenten Mutter setzt eine Vielzahl an Frauen in Führungspositionen unter Druck. Zahlreiche Statistiken bestätigen, dass eine Familiengründung bei Frauen mit einer Abnahme des Einkommens einhergeht, zumal auch, da Mütter nach ihrem Wiedereinstieg unpassende Stellen bekommen, für die sie überqualifiziert sind. Außerdem belegen einige Studien, dass Frauen schlechter in ihrer beruflichen Arbeit bewertet wurden, wenn sie Mütter waren. Belastungsdruck, Unterforderung und Ausgrenzung sind die Folgen. Paradoxerweise wird die die sogenannte Chaos-Kompetenz von Müttern – das organisationale Multitasking-Talent, das Frauen zu idealen Managerinnen machen würde, die auch in Stresssituationen den Überblick und einen kühlen Kopf bewahrt – im Arbeitsumfeld kaum wertgeschätzt.
Die Frage ist jedoch nicht nur, ob andere Personen Frauen Führung und Karriere zutrauen, sondern auch, ob Frauen selbst der Meinung sind, Karriere machen zu können.
Wie das Selbstkonzept die Berufswahl beeinflusst
Nach der Selbstkonzepttheorie der beruflichen Entwicklung entscheiden sich Menschen für einen Beruf, von dem sie glauben, dafür das richtige Eigenschaftsprofil mitzubringen. Die Passung zwischen beruflichen Anforderungen und eigenen Fähigkeit soll demnach übereinstimmen. Tatsächlich sind Menschen umso erfolgreicher, je besser subjektives Berufskonzept und Selbstkonzept übereinstimmen. Sind wir andererseits der Meinung, unser Selbstkonzept nicht verwirklichen zu können, halten wir uns nicht für geeignet für den Beruf. Feminin konnotierte Qualitäten wie Hilfsbereitschaft, Empathie und Freundlichkeit widersprechen oftmals ausgeschriebenen meist auf männlichen Eigenschaften basierenden Führungspositionen. Wir Frauen nehmen demnach an, dass wir die nötigen Führungseigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit nicht besitzen, da diese vordergründig Männern zugeschrieben werden. Die Rollen-Kongruitätstheorie von Eagly und Karau beschreibt dieses Dilemma: Nach dieser Theorie nehmen wir eine Diskrepanz zwischen den Eigenschaften wahr, die Frauen aufweisen sollten und den Eigenschaften, die erfolgreiche Führungspersonen aufweisen sollten. Aufgrund dieser Annahme werden Frauen für leitende Positionen als weniger geeignet eingeschätzt und folglich wird weibliches Führungsverhalten negativer bewertet. Dies führt dazu, dass wir uns für ebendiese Jobs nicht einmal bewerben. Frauen behindern sich demnach auch selbst in ihrem beruflichen Fortkommen, was im ungünstigen Fall zur Selbstselektion führen kann.
Frauen unterschätzen häufig ihr Potential
Der Gender Bias in Führungspositionen ist keinem Mangel an weiblichen Führungsfähigkeiten zuzuschreiben. Zahlreiche Studien, die Selbstbeurteilungen im Geschlechtervergleich untersuchten, kamen zu dem weitgehend konsistenten Ergebnis, dass Frauen in Leistungssituationen ihre Fähigkeiten unterschätzen. Friedel-Howe postuliert in der Potenzialunterschätzungshypothese, dass eben nicht der Potenzialmangel sondern die Potenzialunterschätzung zur Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen führt. Diese Fehleinschätzungen spielen sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung und Selbstpräsentation eine Rolle. Durchschnittlich schätzen sich Frauen weniger erfolgreich ein, präsentieren sich weniger selbstsicher und positionieren sich weniger kompetitiv als ihre männlichen Kollegen, da ebendiese Führungsqualifikationen eher mit dem männlichen als mit dem weiblichen Geschlechterstereotyp assoziiert werden. Um diesem Downgrading entgegenzuwirken, ist es essentiell, dass wir Frauen unsere Qualifikationen kennen und dementsprechend Positionen, die uns zustehen würden, einfordern.
Das Führungsverhalten: ein Geschlechtervergleich
Führung wird als jene Fähigkeit verstanden, das Erleben und Verhalten von Menschen so zu beeinflussen, dass festgelegte Ziele realisiert werden. Die Kompetenzen von Führungskräften sind insofern für den Erfolg von Unternehmen entscheidend, weil sie in direktem Zusammenhang mit der Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen und damit auch der Produktivität sowie den Umsätzen stehen. Nur, wer es schafft, seine Mitarbeiter*innen erfolgreich zu managen, sie langfristig zu motivieren und immer wieder neu zu inspirieren, kann das Beste aus ihnen herausholen und bringt dadurch das Unternehmen voran.
Führung als männlich konnotiert
Was assoziierst du mit dem Wort “Führung”? Oftmals werden damit typisch männlich konnotierte Eigenschaft wie Dominanz und Selbstsicherheit verunden. Sogenannte semantische Assoziationstest werden in der Sozialpsychologie verwendet, um implizite Bewertungen von Wörtern aufzudecken. Diese können letztlich die Hypothese bestätigen, dass die Wörter Führung und Leadership momentan noch überwiegend mit männlichem Verhalten in Verbindung gebracht werden. Dies ist auch als “Think manager, think male”-Phänomen bekannt, obwohl es keine empirischen Befunde gibt, dass Männer besser für Führungspositionen geeignet wären. Dieses Theorie geht eher auf die Tatsache zurück, dass Charakteristika, die von Führungskräften erwartet werden, eher Männern zugeschrieben werden. Dabei handelt es sich um ein kulturell übergreifendes Paradigma, das tief im menschlichen Bewusstsein verankert ist.
Management vs. Leadership
Eine Differenzierung kann zwischen den Wörtern Management und Leadership vollzogen werden, bei der wir uns an die Definitionen des Gabler Wirtschaftslexikons anlehnen.
Management wird demnach mit instrumenteller Steuerung und harten Faktoren in Verbindung gebracht. Dabei spielen strikte Anleitungen, spezifische Rahmenbedingungen und genau erklärte Prozessabläufe eine große Rolle. Im Fokus steht bei diesem transaktionalen Führungsstil immer die Leistung: Ist ein*e Mitarbeiter*in erfolgreich, kommt es zu Belohnungen, bleiben diese jedoch aus, sind Sanktionen die Folge. Der Manager*in-Begriff wird außerdem mit Vorstand oder Abteilungsleitung assoziiert.
Im Gegensatz dazu steht der Leadership-Begriff, bei dem weiche Faktoren im Vordergrund sind. Führungskräfte, die diesen Führungsstil bevorzugen, möchten beeinflussen, motivieren und legen großen Wert auf positive Unternehmenskultur, offene Kommunikation und bestmögliche – intrinsische sowie extrinsische – Motivation. Hier stehen somit Coaching, Personal- sowie Persönlichkeitsentwicklung an oberster Stelle, bei der visionäre Impulse durch kooperatives Verhalten charismatisch vermittelt werden. Diese transformationale Führung zeichnet sich durch vier Komponenten aus:
Inspirierende Motivierung: Mitarbeiter*innen werden durch Visionen inspiriert und motiviert.
Idealisierte Einflussnahme: Die Führungskraft stellt ein Vorbild dar, mit dem sich Mitarbeiter*innen identifizieren können.
Intellektuelle Stimulierung: Mitarbeiter*innen werden zu kreativem und innovativem Denken angeregt.
Individuelle Unterstützung: Die Führungskraft geht auf individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen ein und fördert sie entsprechend.
Viele Forschungsergebnisse legen nahe, dass Frauen derzeit transformationaler führen und dass dieser Führungsstil mit einer hohen Effektivität einhergeht. Männer werden allerdings, wenn sie transformational führen, noch positiver bewertet als Frauen, da diese Führungsart von ihnen insgesamt weniger erwartet wird.
Die Vorteile von Frauen
Sobald die hemmende Rolle von Geschlechterstereotypen in Bezug auf Frauen in Führung erkannt wird, sind größtenteils Vorteile im Bereich der Effizienz, des Umsatzes, der Kommunikation und der mentalen Gesundheit aller Beteiligten in einer Organisation zu erwarten. Zunehmend zeigen empirische Daten, dass Frauen in der Geschäftsführung einen signifikanten Einflussfaktor für den Unternehmenserfolg darstellen. Diverse Teams überzeugen außerdem in ihrer Innovationsfähigkeit, da diese risiko- und veränderungsfreudiger sind als homogene Arbeitsgruppen. Einige Studien setzten sich zum Ziel, die Vorteile vom Einsatz weiblicher Führungskräfte detailliert zu untersuchen, wobei sie konsensual nachfolgende Resultate verzeichnen konnten.
Zuallererst ist erwähnenswert, dass Frauen auf der ganzen Welt höhere Bildungsabschlüsse haben als Männer und auch mehr Weiterbildungen besuchen. Es lässt sich festmachen, dass die Anforderungen an Teams durch Internationalität, zunehmende Diversität und wachsende Teamgrößen enorm steigen. Dadurch kommt es auch zu steigenden Koordinationsherausforderungen für Führungskräfte. Wir Frauen haben hier insofern einen Vorsprung, da wir kooperatives Lernen sowie einen starken Zusammenhalt im Team fördern. Darüber hinaus fällt es uns meist leichter, Beziehungen aufzubauen, zu inspirieren und zu motivieren. In Untersuchungen zu Verhandlungsgesprächen wurde zudem nachgewiesen, dass Frauen im Bereich der Gesprächsqualität besser abschneiden, da sie stärker auf das Gegenüber eingehen und weniger hierarchie- oder statusbasierte Kommunikation nutzen. Ferner können Frauen Lebensbereiche besser miteinander verknüpfen. Die vorhin angesprochene Chaos-Kompetenz von Müttern kann als enorme Ressource angesehen werden, die ausgeprägte Selbstorganisation ermöglicht. Diese kooperativen und integrativen Kompetenzen sind wertvolle soziale Skills, um positive Gesprächsklimata herzustellen, was gerade in langfristigen Geschäftsbeziehungen mehr denn je gefragt ist.
Female Leadership
Im deutschsprachigen Raum ist der Gebrauch der Wortverbindung Female Leadership seit 2004 nachweisbar. Warum braucht es diesen sprachlichen Zusatz, wenn wir einen systematischen Wandel hin zu genderneutraler Führung forcieren wollen?
Gesellschaftliche Veränderungsprozesse geschehen über das Medium der Sprache. Dabei wird davon ausgegangen, dass Sprache unser Denken und folglich unser Verhalten formt. Dies bedeutet, dass ein bislang noch nicht akzeptiertes Merkmal innerhalb eines Konzepts explizit genannt werden muss bis es in das kollektive Sprachwissen übergegangen ist. Um Frauen gedanklich in das Führungskonzept zu integrieren, benötigt es diese bewusste Verwendung dieses sprachlichen Zwischenschrittes. So kann die Gesellschaft das Führungskonzept erweitern und Leadership in Zukunft genderneutral werden.
Wie können weibliche Führungskräfte ihre Stärken einsetzen?
Auf dem Weg zu Female Leadership müssen alte Denkmuster kritisch hinterfragt und neue gestärkt werden. Der von der Psychologieprofessorin Alice Eagly geprägte Begriff „Leadership Labyrinth“ steht als Metapher anschaulich für die zahlreichen Hindernisse auf Karrierepfaden, die Frauen durch alteingesessene Kultur, traditionelle Praktiken oder etablierte Sprichwörter überwinden müssen. Klassische Rollenbilder wurden im HR-Report von Jutta Rump (2015) von 56% der befragten Führungskräfte als Hindernis für Frauen in Führungspositionen genannt.
Wir verfolgen bewusst den Ansatz des Empowerments, bei dem wir euch in eurer Handlungsfähigkeit bestärken möchtet. Damit werden Strategien und Maßnahmen bezeichnet, die Autonomie und Selbstbestimmung fördern und euch ermöglichen, eure Interessen eigenmächtig zu vertreten, indem ihr auf eure Ressourcen aufbaut.
Selbstwert
Dass es bei jungen Frauen eine Kultur der Kritik und kaum eine des Stolzes und der wechselseitigen positiven Bestätigung gibt, haben wir bereits näher erläutert. Wir sollten genau hier ansetzen und mittels Learning-by-doing mutig vorangehen. Nur, wenn wir unsere Fähigkeiten kennen und vertrauen in diese haben, können wir es wagen, neue Schritte zu machen.
Authentizität
Authentizität zu wahren bedeutet auch, von der männlichen Norm abzuweichen und wahrhaftig für die eigene Position einzutreten. Der ursprüngliche Ansatz propagierte, dass Frauen so wie ihre männlichen Kollegen agieren sollen. Doch diese assimilierende Methodik ist inzwischen eindeutig überholt. Die Gefahr besteht hier insofern, da ein doppelter Standard gilt, der für Frauen, aber nicht für Männer gilt. Um in einer Führungsposition als erfolgreich wahrgenommen zu werden, müssten Frauen männliche und weibliche Führungsqualitäten besitzen. Bei Männern dagegen reichten für eine positive Bewertung der Führungseffektivität nur männliche. Jedoch müssen Frauen in Führungspositionen keine “besseren Männer” werden. Sie können sich allerdings durchaus mehr Selbstbewusstsein und öffentliche Darstellung ihrer Erfolge erlauben. Im Empowerment-Diskurs werden hier viele Stimmen bisheriger Führungsfrauen laut wie etwa von Sheryl Sandberg, die ihren Kolleginnen ihre Erfolgsgeschichten präsentieren und dadurch inspirieren möchten.
Soft Skills
Lange wurde Empathie als nebensächlicher Soft Skill degradiert, doch gerade im Female-Leadership-Diskurs gewinnt sie wieder an Wert. Die Fähigkeit, sich in seine Mitmenschen hineinzuversetzen, ist eine Eigenschaft, die bei vielen Frauen überdurchschnittlich gut ausgeprägt ist. Einfühlungsvermögen hilft, Missverständnisse zu vermeiden und schafft eine angenehmere Arbeitsumgebung. Die Führungskraft sieht hier neben den fachlichen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zu den Mitarbeitenden auf Augenhöhe. Aufrichtigkeit, Verantwortung, emotionale Flexibilität, Reflexionsfähigkeit sowie ein Verständnis von psychologischen Prozessen sind weitere Soft Skills, die uns zu erfolgreichen Führungskräften machen.
Lebenslange Lernbereitschaft
Lebenslanges Lernen und Neugierde – Die Methode des (Hinter-)Fragens aus der dialogischen Führung hilft nicht nur beim stetigen Ausbau des eigenen Wissens, sondern signalisiert auch nach außen Lernbereitschaft beim Hinterfragen des Status-Quos oder der eigenen Haltung. Scheinbare Umwege, Hindernisse oder Barrieren können die eigenen Fähigkeiten entscheidend prägen, Innovationen ermöglichen und einen wichtigen Schritt zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung beitragen.
Die Macht von Visionen
Nachdem Führungskräfte ihre Visionen reflektiert und im Team diskutiert haben, kann es oftmals hilfreich sein, sich aus den Prozessen herauszunehmen, um dem Team Freiraum für die Weiterentwicklung zu geben. Dies motiviert insofern, da dadurch mehr Selbstverantwortung gewagt wird.
Ein positiver Umgang mit Macht
Der positive Umgang mit Macht scheint für viele Frauen ein brisantes Thema zu sein, denn häufig sei Macht negativ konnotiert und werde als bedrohlich angesehen. Grund dafür ist die kulturell erlernte Verknüpfung von Macht und Männlichkeit durch Geschlechterrollen. Für Führungsfrauen ist es daher wichtig, einen individuellen Zugang zu Macht und Autorität zu finden, der Weiblichkeit und Empathie nicht zwingend ausschließen muss. Sheryl Sandberg empfiehlt Frauen, sich „an den Tisch“ zu setzen, nämlich an den Tisch der Entscheider*innen. Nur wenn wir bewusst über unsere eigenen Projekte oder Karriereziele sprechen, können Mentor*innen, Netzwerkkontakte oder andere Führungskräfte als Machtsponsor*innen agieren.
Die Kraft von Netzwerken
Ist eine Frau in Führung, ist es wahrscheinlich, dass weitere Frauen ihr folgen. Gemeinsam lassen sich Geschäftsideen diskutieren, wertvolle sensible Informationen austauschen oder pragmatische Hinweise aufnehmen. Um diesen kollegialen Peer-Austausch zu fördern, existieren inzwischen immer mehr organisationsinterne oder firmenübergreifende Leadership-Netzwerke. Vorbild sind häufig die von Sheryl Sandberg initiierten Lean-In-Circles aus den USA, in welchen Frauen gegenseitig als Mentorinnen und Sponsorinnen agieren.
Ein Zukunftsausblick
Geschlecht ist der unbemerkte Hintergrund des Arbeitslebens. Die Aufteilung nach Geschlecht erfolgt mehrmals am Arbeitstag – und das zum Großteil unbewusst. Female Leadership ist die Chance zur sozialen Transformation. Die Effektivität dieses Prozesses hängt dabei von allen beteiligten Akteur*innen ab: Organisationen, Führungskräfte aber auch Frauen und Männern in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien.
Soziokulturelle Veränderungen brauchen natürlich Zeit – sie anzustoßen, ist aber notwendige Voraussetzung dafür, dass konkrete Instrumente zum ganzheitlichen Female-Leadership-Management überhaupt greifen können. Gesetzliche Vorgaben und der gesellschaftliche Druck haben den Anteil von Frauen in Führungspositionen in den vergangenen Jahren zwar wachsen lassen, aber ihr Anteil steigt zu langsam in patriarchalisch geprägten Ökosystemen. Es ist unerlässlich, dass die Art und Weise, wie Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen getroffen werden, geändert werden und sichergestellt wird, dass qualifizierte Frauen ernst genommen werden. Unternehmenskultur und geschlechterbezogene Stereotype sind große Hebel für die nachhaltige Veränderung der Zusammensetzung von Führungsetagen. Damit in einer Kultur Diversity-Effekte erreicht werden können, braucht es eine kritische Masse von Frauen in Führungspositionen.
Bereits in der Millennial-Generation können weibliche und männliche Geschlechterrollen sehr viel flexibler sein als in den Generationen zuvor. Lebensläufe werden zersplittert und eine Entscheidung für Kinder oder Pflegebetreuung muss nicht zwangsläufig eine Karriereaufgabe bedeuten. Männer und Frauen können hier als positive Vorbilder mit Signalwirkung für jetzige und folgende Generationen dienen.